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Eine rasante Fahrt durch den Dschungel — und ein Abschied vom ‚guten‘ Indianer. Eine Reflexion über das Töten und das Getötetwerden. Auf einer letzten Busfahrt vom Andenhochland in den Amazonasdschungel wird die Regisseurin von ihrem Film heimgesucht, den sie über die Huaorani-lndianer und die Anthropologin Laura Rival gedreht hat. Es ist ein Abschied vom unheimlichen nichtfassbaren Fremden und dem noch unheimlicheren Bekannten, dem Weissen – als Helfer, Forscher, Filmer. Zerstörer TUMULT IM URWALD ist ein sorgsames Porträt einer fremden Kultur, die an der Grenze zwischen Tradition und Moderne, zwischen Affenjagd und Funktechnik, lebt. Der Film zeigt das Spannungsfeld zwischen subjektivem Blick auf das Leben (Schwarzweiss) und dem Beobachten der Anthropologin (in Farbe) – ein Spannungsfeld, das immer wieder Nähe wie Distanz zum Fremden ergibt. Huaorani heisst Mensch, früher wurden sie £Aucas£ genannt. £Aucas£ bedeutet Wilde, Dschungelbarbaren. Die Huaorani leben im Amazonasbecken von Ecuador. Die Huaos sind anders als die bekannten Amazonas-Indianergruppen der Shuar oder Secoya. Die Huaorani sind eine Einzelgruppe, sie vermieden jeglichen Kontakt mit Nicht-Huaorani-Gruppen und gehören keiner grösseren Kulturtradition an. Dies führte zu einer anderen Gestaltung der Gesellschaft und einer unterschiedlichen Vision der Welt. Die Männer waren Krieger, ihr Instrument: Der Speer. Seit die Huaorani vor 45 Jahren fünf nordamerikanische Missionare töteten, sind sie in der Öffentlichkeit als die ,gefährlichen Wilden' bekannt. Sie wurden 0bjekt der Sensationspresse und erschienen in den 70er-Jahren in vielen TV-Shows und Zeitschriften. Mit der Ölförderung am Rande des Rio Napo kamen die Huoas von neuem ins Gespräch: Ökogruppen aus aller Welt setzten sich für die Rechte der Indianer und für den Schutz des Regenwaldes im Amazonas ein. Die französische Anthropologin Laura Rival doktorierte über die Huaorani. Sie lebte mehrmals einige Monate mit ihnen und interessiert sich insbesondere auch für das ,Speeren', das Töten und Getötetwerden. Lisa Faessler lebt seit vielen Jahren teilweise in Ecuador und in der Schweiz. |
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«TUMULT IM URWALD nimmt endgültig Abschied von der Idee, die Naturvölker, so heissen sie wohl noch immer, müssten allesamt bessere Menschen sein als die zivilisationsverdorbenen Bewohner des Planeten, wie seinerzeit von Rousseau (und Karl May) kategorisch gefordert. (...) Faessler beschreibt unbehauen und kommentarlos, mit frischer Neugier, was sie gesehen hat, wie immer schlecht es ihr oder andern in den Kram passt.» Zoom «Ethnographen sind Vermittler zwischen Welten. Sie versuchen, eine fremde Kultur in ihre eigene Kultur zu übersetzen. (...) Faessler beobachtet die Beobachteten bei ihren alltäglichen Verrichtungen und zugleich die Beobachterin Rival bei ihrer Forschung. So reflektiert sie als filmische Mittlerin das Unbehagen gegenüber diesem forschen Ethnographenblick.» Visions du Réel Nyon |