Los Muertos

 

Argentinien/F/NL/CH 2004

 
 
Los Muertos

Regie: Lisandro Alonso
Kamera: Cobi Migliora
Schnitt: Lisandro Alonso
Musik: Flor Maleva
Ton: Catrel Vildolsola
Mit: Argentino Vargas
 
35mm - Farbe - 80 Minuten
VO/dt und f UT

 
   
 

Nach jahrzehntelanger Haft für den Mord an seinen beiden Brüdern taumelt Vargas, ein schweigsamer, rätselhafter Mann in die Freiheit, durchquert die Landstriche seiner Heimat, immer weiter in den abweisenden Regenwald hinein, auf der Suche nach seiner Tochter, die mittlerweile eine längst erwachsene Frau ist.

   
 

Wie es dem Regisseur gelingt, aus einem nahezu Nichts an Handlung, aus der sprachlosen Reise eines verschlossenen Revenants, ein Maximum an Aufmerksamkeit, Spannung und Mitgefühl zu suggerieren, gehört zu dem grossen, unerklärlichen Geheimnis dieses hypnotischen, aussergewöhnlichen Films.
Die Kamera schweift an der Unterseite der Baumkronen entlang. Viel Licht fällt nicht durch das Blattwerk. Es flirrt in dem Masse, wie sich die Äste und das Laub im Wind bewegen. Bald wechselt die Kamera den Standpunkt, indem sie den Boden fokussiert und durch das Unterholz streift wie ein Hund auf Spurensuche. Sie fährt an einem ersten bewegungslosen Körper vorbei, wenig später an einem zweiten. Dann streift sie die Beine eines anderen, Stehenden, eine Machete rückt ins Bild. Wieder wechselt die Kamera die Blickrichtung, indem sie von unten nach oben schaut, den Blättern und dem Himmel entgegen. Allmählich löst sich das Bild in giftiges Grün auf. Bis zum Schnitt vergeht eine Weile. Das Bild bleibt währenddessen monochrom.
Unter seiner nüchternen Oberfläche birgt LOS MUERTOS eine existenzielle Dimension. Nachdem sich das Blätterwerk in Grün aufgelöst hat, folgt der Film einem Mann (Vargas), der aus dem Gefängnis entlassen wird. Mit einem Kanu fährt er flussaufwärts in immer entlegenere Gebiete, bis er am Haus seiner Tochter ankommt, ohne ihr jedoch zu begegnen.
Indem Lisandro Alonso alle Konnotationen des Flussfahrtmotivs ausschöpft die Ursprungssuche, den Selbstverlust und den Aufbruch ins Totenreich, verleiht er seinem Film die schillernde Qualität grossen Kinos. (Cristina Nord - Viennale)
 
Minutenlang durch einen Dschungel aus Grün und Licht, eine Plansequenz, die Kamera gleitet wie ein geschmeidiges Tier durchs Unterholz, das Blätterdach bleibt in der Unschärfe, verschwimmt zu einem Lichtnetz aus Weiss und Grün. Wie zufällig fällt dann der Blick, auf dem Boden, in der Schärfe, auf eine jugendliche Leiche, später eine weitere, später auf den Mörder, genauer gesagt: auf den Arm, die Hand, darin die Machete. Nach dieser Sequenz schliesst sich das Lichtnetz zum undurchdringlichen Grün, das die Leinwand füllt, ein paar Sekunden. Jump cut
 
Ein Film, genauso mysterös und offen für unsere eigenen Gedanken, wie die gesamte rätselhafte Biographie eines Mannes, der als Jugendlicher seine Brüder erschlug. Kein Wort verliert der Regisseur über das Motiv und die Hintergründe der Bluttat. Genauso wenig will Alonso die psychische Befindlichkeit seines Antihelden ausleuchten, noch stellt er die Frage nach Schuld und Gewissen. (Arte)

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